Autor: dju SAY IT ISN’T SO Naturwissenschaften im Visier der Kunst Misst man SAY IT ISN'T SO an ihren eigenen Ansprüchen, kann der Besucher sehr zufrieden sein. So möchte die aktuelle Ausstellung im Weserburg Museum Bremen keine Annäherung der Kunst an die Wissenschaft forcieren, sondern eher ein Spiegel des aktuellen Kunstdiskurses sein, der eher auf ein Nebeneinander der beiden Disziplinen hinausläuft. Die umfangreiche Schau wirkt fast schon etwas überfüllt, ist aber gut präsentiert und kommt stets auf den Punkt (von den etwas aufgesetzt wirkenden 'special guests' mal abgesehen). In einer der interessantesten Arbeiten zeigt Hinrich Sachs ein Video über Ansgar Pilippsen, einen Biologen, der Visualisierungsmodelle von Proteinen entwickelt. Aus diffus-abstrakten Rohdaten zimmert er in beeindruckender Hemdsärmeligkeit höchst phantasievolle virtuelle Skulpturen, deren Farb(!)- und Formensprache auf den Baukastensystemen der biochemischen Vergangenheit beruht und die ihre ganz eigene Kunstgeschichte repräsentieren. So wird Realität zum Teil konstruiert, eine Realität, der Nicht-Wissenschaftler ehrfürchtiger gegenüberstehen als die Community selbst. Bei den meisten anderen Arbeiten ist diese von den Kuratoren schon festgestellte Distanz dann auch zu spüren: Gerngenutztes Stilmittel Nummer 1 ist die Ironie, man könnte fast sagen: der Gag. Ins absurde verfremdete "Wissenschaftsprojekte" können natürlich innerhalb des Werkzusammenhangs eines einzelnen Künstlers durchaus stimmig sein, wirken aber im Kontext des Ausstellungsthemas eher nach schnellem Lacher zwischendurch. Stilmittel Nummer 2 ist die angeeignete Ästhetik. Die visuelle Kraft von physikalischen Messinstrumenten, bunten Kurven oder historischen Apparaturen wirkt auf Künstler verführerisch. Sie birgt aber das Risiko, zwischen Apothekerschränkchen-Romantik und Labordekoration zerrieben zu werden. Wer einmal neben einem echten Teilchenbeschleuniger stand mag dann auch die meisten Installationen als schal empfinden. Was bleibt ist dennoch eine attraktive Show, die den künstlerischen Zeitgeist zum Thema treffend einfängt. Dabei ist anscheinend die Suche nach Zusammenhängen zwischen Kunst und Wissenschaft - zumindest Naturwissenschaft - irrelevant geworden. Ganz wichtige Aspekte aktueller Forschung, z.B. der Kooperationen und des Informationsaustausches innerhalb der Community, ethische Aspekte (genetic engineering) oder wirtschaftliche Verstrickungen bei der Vergabe von Forschungsbudgets werden kaum berührt. So wird auch im Begleittext formuliert, dass die Kunst "sich mit taxierendem Blick neben sie [die Wissenschaft] stellt." Ob dies genügt mag mag man bezweifeln, kann aber nicht den Ausstellungsmachern angelastet werden. --- SAY IT ISN’T SO Naturwissenschaften im Visier der Kunst Kuratiert von Peter Friese, Guido Boulboullé und Susanne Witzgall Teilnehmende Künstlerinnen und Künstler: Brian Collier (USA) Mark Dion (USA) Galerie für Landschaftskunst (D) Henrik Håkansson (S) Frank Hesse (D) Carsten Höller (D) John Isaacs (GB) Christoph Keller (D) Szabolcs KissPál (H) Gerhard Lang (D), M+M (D) Carsten Nicolai (D) Olaf Nicolai (D) Nana Petzet (D) Theda Radtke (D) Tyyne Claudia Pollmann (D) Hannes Rickli (CH) Hinrich Sachs (D) Conrad Shawcross (GB) Herwig Turk / Günter Stöger (A) Judith Walgenbach (D) "Special Guests" Marcel Duchamp (F) Nikolaus Lang (D) Bruce Nauman (USA) Weserburg - Museum für moderne Kunst, Teerhof 20, 28199 Bremen www.weserburg.de bis 16.09.2007 di-fr 10-19, do 10-21, sa/so 11-18 Uhr. Tel. 04 21/ 59 83 9-0,